Die Atomkonzerne haben ihre Rückstellungen für den Atomausstieg im vergangenen Jahr erhöht: Zum Jahresende hatten die Atomkraftwerksbetreiber EnBW, Eon, RWE (DE:RWEG) und Vattenfall für den Abriss der Kraftwerke und die Endlagerung des Atommülls knapp 40,1 Milliarden Euro zurückgelegt, wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl hervorgeht, die der Nachrichtenagentur AFP am Samstag vorlag.
Zum 31. Dezember 2014 hatten die Rückstellungen noch 38,7 Milliarden Euro betragen. Umstritten ist, ob diese Summe ausreicht, um die Kosten für Rückbau und Endlagerung zu stemmen - oder etwa wegen anfallender Zinsen zu niedrig angesetzt ist. Der Anstieg der Rücklagen sei ein Zeichen dafür, dass die Konzerne "endlich mit reelleren Zinssätzen" rechnen, sagte die atompolitische Sprecherin der Grünen Kotting-Uhl AFP.
Die Linke hält die Rücklagen trotz der Erhöhung für unzureichend. "Die Aufstockung ist minimal und ändert nichts an der Tatsache, dass die Summe nicht ausreicht", sagte die Linken-Energieexpertin Eva Bulling-Schröter AFP. "Es steht weiterhin zu befürchten, dass am Ende die Steuerzahler die Altlasten der AKW bezahlen müssen."
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Atomkommission soll prüfen, wie der Atomausstieg finanziert und eine langfristige Verantwortungsübernahme der Versorger erfüllt werden können. Bislang gibt es darüber aber keine Einigung mit den Atomkonzernen.
"Die Erhöhung der Rücklagen ist nicht überraschend und zeigt die Notwendigkeit, zu einer besseren Sicherung der notwendigen Mittel zu kommen", sagte der Kommissionsvorsitzende Jürgen Trittin (Grüne) AFP. "Es muss ein überragendes Interesse der Unternehmen sein, hier zu einer anderen Form zu kommen."
"Um baldmöglichst Klarheit für alle Seiten zu schaffen, sollten sich die Konzerne einer Neuregelung der Problematik durch die Atomfinanz-Kommission nicht länger in den Weg stellen", forderte auch Kotting-Uhl. "Kommt die Kommission zu keinem Ergebnis, wird dies sicher nicht die letzte Erhöhung der Rückstellungen gewesen sein, und werden die Konzerne sicher unter mehr Druck geraten, als wenn man notwendige Veränderungen rasch in Angriff nimmt."
Der Atomausstieg ist für die Konzerne eine komplizierte und teure Aufgabe. Ein großes Atomkraftwerk lässt sich nicht einfach komplett ausschalten. Zwar können Leistungsbetrieb und Stromproduktion eingestellt werden, zugleich schließt sich aber eine lange Nachbetriebphase an, in welcher der Reaktor heruntergefahren wird. Die heißen Brennstäbe in seinem Kern müssen noch jahrelang weiter gekühlt werden.
Auch der Abriss eines Akw ist hochkomplex: Dabei arbeiten sich die Demontage-Spezialisten von Außen nach Innen allmählich immer weiter bis zum Reaktorkern vor. Bestimmte Teile der Anlage sind extrem verstrahlt. Beim Abriss eines Akw entstehen Fachleuten zufolge zudem etwa 300.000 Kubikmeter Schutt und Schrott, von denen ein Prozent dauerhaft verstrahlt ist und ebenso wie die Brennstäbe endgelagert werden muss.